Ausbau und Erneuerung der Ortsdurchfahrt Neuharlingersiel

Gemeinsam mit dem Planungsbüro Nexxia aus Emden hat Born - Ermel Ingenieure den Ausbau und die Erneuerung der Ortsdurchfahrt Neuharlingersiel geplant. Die Gemeinde Neuharlingersiel ist durch die Nähe zum Weltnaturerbe Wattenmeer und der Nordsee ein beliebtes Ziel bei Touristen und Urlaubern. Damit die Ortschaft auch in Zukunft für Urlauber attraktiv bleibt, soll die Ortsdurchfahrt in vollem Umfang umgestaltet und erneuert werden.

Der Ausbau und die Erneuerung der Ortsdurchfahrt umfasst nicht nur die Verkehrsanlagen, sondern auch die Entwässerung und die Gestaltung. Der Regenwasserkanal wurde auf gesamter Strecke erneuert sowie auch die Beleuchtung, das Straßenmobiliar und die Begrünung.

Die ehemalige Landesstraße, welche im Sommer 2018 aufgrund der neuen Umgehungsstraße zur Gemeindestraße umgewidmet wurde, wurde ausgebaut und es entstand eine neue Straße in einer Breite von 6,50 m. Die Aufwertung der Strecke erfolgt durch Kreisverkehrsplätze, Verschwenkungen, Fahrbahnteilungen und Gehölzanpflanzungen. Unterstützt wird der neue Charakter der Straße durch einen geschwungenen Gehweg auf der einen Seite und einen „Premium“-Radweg auf der anderen Seite. Die neue Fahrbahn besteht sowohl aus Asphalt als auch aus Pflaster. Mit großformatigen Pflastersteinen wurden die Einmündungsbereiche und der zentrale Ortskern hergestellt, um visuelle Akzente zu setzen. Als Besonderheit wurde der Ortskern höhengleich ausgebaut, wodurch die Geh- und Radwege und die Fahrbahn einen zusammenhängenden Platz bilden, welcher nur durch die Rinnenführung räumlich getrennt wird.

Der Baubeginn war Anfang 2020. Die Umsetzung wurde in drei Bauabschnitten durchgeführt. Da der Bauablauf durch die örtlichen Gegebenheiten sehr komplex war, wurden Umleitungspläne und Regelpläne für die Baustelleneinrichtung erstellt. Der Bau der Ortsdurchfahrt erfolgte innerhalb der Bauabschnitte in kleineren Bauphasen unter Vollsperrung. Eine Besonderheit ist, dass die Zuwegung zum Deich während der gesamten Baumaßnahme erreichbar sein musste, damit der Deichschutz während einer Sturmflut gewährleistet werden konnte.

Das Projekt umfasst ein Auftragsvolumen von ca. 12 Millionen Euro und wird durch mehrere Förderprogramme unterstützt, wie
z. B. der Dorfentwicklung des Amtes für regionale Dorfentwicklung oder der Förderung durch die Niedersächsische Landesbehörde auf Grundlage des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG).


Naturschutzfachliche Eingriffsregelung

Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens mussten auch die Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß §14 und §15 des Bundesnaturschutzgesetzes geprüft und bewertet werden. Gegenstand zur Abhandlung der Eingriffsregelung in diesem Projekt ist ein landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP). Des Weiteren waren Aussagen hinsichtlich des Artenschutzes (§44 BNatSchG) notwendig.

Für die Erstellung des LBP wurden auf Grundlage einer Geländebegehung eine Biotoptypenkartierung sowie weitere Bestandsaufnahmen von Gewässern und Gehölzen durchgeführt. Mit Hilfe von ArcGIS wurden diese Daten aufgearbeitet und digitalisiert.

Weiterhin war es notwendig, im Rahmen des LBP eine Konfliktanalyse zur Ermittlung der Eingriffe in die einzelnen Schutzgüter zu erstellen. Entsprechend des §13 BNatSchG mussten zudem Vermeidungsmaßnahmen sowie Kompensationsmaßnahmen bei erheblichen Umweltauswirkungen formuliert werden, wie z. B. für die Schutzgüter Boden und Biotope durch Versiegelungen sowie Oberflächengewässer durch Grabenverrohrung und -verfüllung.

Für den Ausbau der Ortschaft mussten insgesamt 163 Gehölze gerodet werden, welche zuvor zur Berücksichtigung des Artenschutzes auf nach Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) geschützte Flechten sowie auf Fledermausquartiere untersucht wurden. Von 36 ermittelten Flechtenarten gelten 5 Arten als besonders schützenswert, wie z. B. die Astflechtenart Ramalina farinacea, deren Bestand deutschlandweit stark gefährdet ist und die im Naturraum Küste als vom Aussterben bedroht gilt.

Da die Rodung nicht vermieden werden konnte, musste eine Ausnahmegenehmigung (§45 Abs. 6 BNatSchG) eingeholt und der Verlust dementsprechend kompensiert werden.
Im Falle der Ortsdurchfahrt Neuharlingersiel kam es aufgrund der geplanten Flächenversiegelungen zum Verlust von
5.411 m² Boden, zum Verlust von 1.040 m² Biotoptypen, zur Verfüllung von Gewässern über 4.456 m² sowie zum Gehölzverlust.
Um den Verlust von Gehölzen zu kompensieren, wurden 132 neu angepflanzt.

Als Ausgleich für die neu versiegelten Flächen wurde 2.706 m² intensiv genutztes Grünland extensiviert.
Der Verlust wertvoller Biotoptypen wurde durch die Umwandlung von 2.080 m² Intensivgrünland in extensives Grünland erreicht.

Die Gewässerverfüllung konnte durch eine Gewässerneuanlage sowie Gewässeraufweitung im Plangebiet und auf externen Kompensationsflächen kompensiert werden.

Durch Vermeidungsmaßnahmen sowie Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen insbesondere auf externen Kompensationsflächen, konnten alle mit dem Ausbau der Ortsdurchfahrt Neuharlingersiel verbundenen erheblichen Eingriffe ausgeglichen werden.

Abschließend erfolgte im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens die Benehmensherstellung mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB).